Von wegen die Festivalsaison ist vorbei! Pünktlich zum Ende des Sommers präsentierte das Reeperbahnfestival in Hamburg unzählige Musiker, Künstler, Performer, DJs und überhaupt Kreative aller Art.
Entlang der berühmten Partymeile werden jedes Jahr nicht nur die diversen Clubs wie Die Große Freiheit 36, das Molotow oder das Gruenspan, sondern auch die Straße selbst oder ausgefallene Orte wie ein Partybus zu den unterschiedlichsten Festivalbühnen.
Dabei war das Line-Up mal wieder ein großes Potpourri aus mehr oder weniger bekannten nationalen und internationalen Musikern, die sich die Zeit vor, nach oder auch zwischen ihren Auftritten gern mal mit kleinen Akustigigs auf dem Spielbudenplatz oder entlang der Reeperbahn vertrieben. Als eine dieser Bühnen fungierte die Stage East, die gleich am Donnerstag einige interessante Acts zu bieten hatte. Zunächst gab es dort den Italian Aperitif mit den drei italienischen Bands Moustache Prawn, Fabrizio Cammarata und Blue Willa, den ich allerdings mehr nur am Rand mitbekam, schließlich musste am ersten Tag erstmal alles ein bisschen erkundet werden. Ziemlich schnell ging zum Glück das Holen der Festivalbändchen, da donnerstags allgemein noch nicht so viel los war auf dem Spielbudenplatz. Ein Dank geht an dieser Stelle übrigens nochmal raus an alle, die für das Kunstplakat gevotet haben, da sich dort am Ende das Plakat mit meinem Motiv durchgesetzt hatte und ich so einen Gästelistenplatz für alle drei Tage erhielt.
Aber zurück zur Stage East: Als Einar Stray zusammen mit seiner Band im Wollpulli den kühlen Temperaturen trotzte und dabei träumerisch klingende Arrangements von Piano, Geige und Gitarre zum Besten gab, war es doch ziemlich voll geworden auf und neben den Sesseln auf der kleinen Holzbühne.
Diese Menge war eine Viertelstunde später allerdings wieder verschwunden und so spielte der deutsche Singer-Songwriter Nicolas Sturm vor deutlich weniger Publikum. Unterstützt von seinem Drummer, den er liebevoll als „Klingenensemble“ bezeichnete, gab es ehrliche Texte zu Gitarrenmusik, die sich mehr in die Tradition englischer Folkmusiker denn in die deutscher Liedermacher stellt.
Vom Zeitplan aber auch von der Kälte getrieben, führte uns der Weg nur ein paar Meter weiter in den Keller des Molotow. Capital Cities aus L.A. standen dort auf dem Programm und sorgten schon für einen gut gefüllten Konzertraum und wohl für den stimmmungsvollsten Auftritt den ich bei diesem Reeperbahnfestival genießen durfte.
Mit Hawaiihemden unter den Jackets kamen sie auf die Bühne und nahmen sie direkt für sich ein. Elektronische Popmusik, die durch das geniale Trompetenspiel von Spencer Ludwig verfeinert wurde, brachte nicht nur Ryan Merchant und Sebu Simonian, die beiden Köpfe der Band, zum Tanzen sondern auch das ganze Publikum. Besonders Good Shit und die Single Safe and Sound brachten die Menge zum Kochen, denn die sehr an die 80er erinnernde Popmusik mit Einflüssen aus Dubstep, Electronica und Reggae ging scheinbar jedem gut ins Ohr und in die Beine.
Danach war erstmal eine Verschnaufpause nötig, die wir uns aber im Molotow gönnten. Dort waren als nächstes I Got You On Tape an der Reihe. Die nach einem bunt zusammengefwürfelten Haufen aussehende Gruppe aus Kopenhagen spielte aber einen ziemlich organischen Mix aus melancholischem Indiepop, Shoegaze und Electro und sorgte für einen unheimlich starken Sound. Irgendwann schien sogar Sänger Jacob Bellens überrascht zu sein über die krasse Lautstärke, die seine Band da fabrizierte.
Das Publikum hatte sich inzwischen ziemlich geändert, als nächstes waren TOY dran, das Molotow war gepackt voll. Die Engländer ließen sich nicht lumpen und spielten ihre Songs quasi in einem Rutsch, nur manchmal wurden kurze Ansagen dazwischengenuschelt, die aber kein Mensch verstand. Auch nicht schlimm, die Musik überzeugte schließlich. Tom Dougall & Co., die mit ihren langen Haaren und dem Klamottenstil wie aus den 70ern entsprungen schienen, schrammten ihren Psychedelic-Krautrock in sphärische Wellen, die den ganzen Raum ergriffen – Bandmitglieder look-alikes in den ersten Reihen wiegten sich mit geschlossenen Augen zu den Klängen, der Rest wippte irgendwie mit, aber auch gefangen von der Intensität des Sounds. Der Höhepunkt war eindeutig die Single Left Myself Behind, die sich über sieben Minuten erstreckte.
Eigentlich hätte ich gerne noch 2:54 gesehen, aber nach 3 so intensiven Bands im doch relativ kleinen und sehr vollen Molotow-Club mussten wir erstmal an die frische Luft. Draußen wartete eine lange Schlange auf Einlass – hier hätten wir also nach einer Pause keine Chance mehr reinzukommen.
Dafür zog es uns dann eine kurze Zeit später nur ein paar Meter weiter in die Docks: Kakkmaddafakka waren angesagt.
Und sie boten die Show für die bekannt sind: Nach einem Mix aus bekannten Songs von ihrem Album und einigen neuen Songs (worunter einer sogar seine Live-Premiere an diesem Abend feierte) war die komplette Band oberkörperfrei und das Publikum nass geschwitzt vom Hüpfen und Tanzen. Absolute Attraktion war wie immer der „Kakkmaddachoir“, der nicht nur für den Hintergrundgesang sondern auch witzige Tanz- und Rapeinlagen sorgte und natürlich Keyboarder Jonas „Mr. Jones“ Nielsen, der wie verrückt das Keyboard beackerte und wie immer abgehoben in anderen Sphären zu schweben schien. Das Ganze war im Endeffekt die bekannte aber spaßige Kakkmaddafakka-Party, die man sich eben auch gerne immer wieder anschaut.
Ein besserer Festivalauftakt ist schwer vorstellbar – die Messlatte für die anderen beiden Tage war bereits ziemlich hochgelegt.